Nichtstoffgebundene Süchte

Wir unterscheiden in unserer Arbeit zwischen stoffgebundenen und nichtstoffgebundenen Süchten. Beide Konsumformen werden in unserer Einrichtung pädagogisch bearbeitet; eine inhaltliche Auseinandersetzung des jungen Menschen mit dem jeweiligen schädlichen Verhalten findet statt. Bei nichtstoffgebundenen Süchten handelt es sich um Verhaltensweisen, die durch den exzessiven und schädlichen Gebrauch von Medien Suchtcharakter annehmen.

Gerade der Anteil der Kinder und Jugendlichen, die der Gefahr laufen eine nichtstoffgebundenen Sucht/Verhaltenssucht zu entwickeln, wächst deutlich.

Hierbei ist z.B. als häufige Form das exzessive Nutzen der „Neuen Medien“ benannt. Ähnlich wie bei stoffgebundenen Süchten können physische und psychische Störungen sowie Entzugserscheinungen (u.a. Angstzustände, Gereiztheit, Unruhezustände) die Folge sein. Der Verlust familiärer Kontakte, Schulabstinenz, Verschiebung des Tag/Nacht-Rhythmus, Delinquenz/ Beschaffungskriminalität, spezielle Peer-Groups, etc. lassen sich bei beiden Konsumentengruppen beobachten. Das Auftreten von Doppeldiagnosen/Komorbidität ist sehr wahrscheinlich.

Von einer Sucht wird man erst dann sprechen können, wenn das Spielen derart exzessiv betrieben wird, dass andere Anforderungen des täglichen, sozialen und beruflichen Lebens völlig vernachlässigt werden. Es muss sich eine Unfähigkeit des Betroffenen zeigen, trotz Kenntnis des schädlichen Gebrauchs seine Internetnutzung zu kontrollieren. Menschen mit pathologischem Internetgebrauch weisen häufig andere psychische Erkrankungen, sogenannte komorbide Störungen auf. Dies sind in der Mehrzahl Depressionen, affektive Störungen, ADHS, aber auch Substanzmissbrauch. (Quelle: Bundesgesundheitsministerium)

Vor dem Hintergrund dieser Ergebnisse sind folgende Ansätze während der stationären Jugendhilfemaßnahme angezeigt:

  • Wenn eine pathologische Internetnutzung diagnostiziert wird, fließt dieser Befund mit in die Hilfeplanung ein.
  • Die Entwicklung einer Einsicht und die Motivation für eine partielle Abstinenz stellen eine besondere Herausforderung dar.
  • Die völlige Abstinenz bei vorhandener Internetsucht kann nicht das Ziel der Behandlung sein. Vielmehr ist der Aufbau eines integrativen (nicht schädlichen) Medienkonsums als Betreuungsziel erstrebenswert.
  • Die Behandlungsstrukturen für Internetsucht müssen nicht prinzipiell neu entwickelt werden, sie orientieren sich an den Behandlungsmodellen für Abhängigkeitserkrankungen (Einzeltherapie, Basisgruppe, Indikationsgruppe).
  • Erlebnispädagogische Ansätze unterstützen die Entwicklung einer alternativen Freizeitgestaltung sowie die Auseinandersetzung mit der Geschlechtsidentifikation und den Rollenbildern.
  • Spezifische Verfahren zur Rückfallprävention, der Kontakt zu Selbsthilfegruppen sowie bei Bedarf die Einleitung von Nachsorge-Maßnahmen sind weitere pädagogische Optionen.